Der Stadtrat hat heute einen externen Bericht zu Steuerungsmöglichkeiten bei den Sozialkosten präsentiert und die zentralen Handlungsfelder festgelegt. Er beantwortet damit das entsprechende Postulat, das der Grosse Gemeinderat an den Stadtrat überwiesen hat. Der Bericht kommt zum Schluss, dass Winterthur bezüglich Sozialkosten kein Sonderfall sei, wenn man vergleichbare Städte betrachte. Es sei aber notwendig, den finanziellen Handlungsspielraum der Stadt zu erweitern. Insbesondere durch einen fairen Ausgleich der kommunalen Sozialkosten im Kanton sowie durch eine umfassende Wohnbaustrategie für Winterthur.

Im Postulat betreffend «Steuerungsmöglichkeiten im Bereich der Sozialhilfekosten» (Nr. 2014-078) wurde der Stadtrat gebeten, in einem durch eine unabhängige Person oder Organisation zu erstellenden Bericht alle in Winterthur ergreifbaren Massnahmen zusammenzufassen, die das Wachstum der Sozialhilfekosten in der Stadt Winterthur zu steuern oder zu beeinflussen vermögen.

Der vom Stadtrat an daGrafik 1s Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien BASS AG in Auftrag gegebene Bericht kommt zum Schluss, dass der Umfang und die Entwicklung der Sozialhilfe- und Ergänzungsleistungskosten in der Stadt Winterthur im Vergleich mit anderen Städten kein Einzel- oder Sonderfall darstellt. Für eine «Skandalisierung» der Sozialhilfequote gebe es keinen Grund. Die markanteste Abweichung im Vergleich mit anderen Städten und insbesondere auch solchen, die eine Reduktion der Sozialhilfequote erreichen konnten, ist gemäss Bericht die überdurchschnittlich hohe Fallbelastung pro Mitarbeitende in der Stadt Winterthur. Der Bericht hält aber auch fest, dass das starke Wachstum der Sozialhilfekosten für den Stadthaushalt sehr belastend sei und bereits vermeintlich kleine Änderungen bei der Sozialhilfequote markante Kostenfolgen in Millionenhöhe haben können.

Finanziellen Spielraum vergrössern: Soziallasten im Kanton fair verteilen
Aus diesem Grund kommt der Bericht als Hauptempfehlung zum Schluss, dass der Handlungsspielraum erweitert werden müsse, indem primär ein Ausgleich der kommunalen Soziallasten innerhalb des Kantons angestrebt werden müsse. Darüber hinaus, so die Empfehlung, brauche es diverse Ansätze mit dem Ziel, dass sich Menschen möglichst schnell und nachhaltig von der Sozialhilfe abzulösen vermögen oder dass Menschen aus prekären Lebenslagen herausfinden, bevor sie überhaupt auf die Unterstützung der Sozialhilfe angewiesen seien. Solche Ansätze benötigen jedoch Investitionen in die dafür notwendigen Ressourcen.

Zudem solle auf gesamtstädtischer Ebene weiter das Ziel verfolgt werden, attraktive Wohnangebote für mittlere und höhere Einkommensklassen zu fördern. Mit einer Erhöhung der Steuerkraft pro Kopf könne sich WGrafik 2interthur – gleich wie mit einem Soziallastenausgleich – einen grösseren finanzpolitischen Handlungsspielraum verschaffen.

Drei zentrale Handlungsfelder
Der Stadtrat hat den Bericht zur Kenntnis genommen. Er wird die folgenden drei zentralen Handlungsfelder prioritär weiter verfolgen:

A Soziallastenausgleich: Der Stadtrat wird seine Bemühungen zur Erreichung eines fairen interkommunalen Ausgleichs der Soziallasten auf der politischen Ebene verstärken mit dem Ziel, den finanziellen Handlungsspielraum zu erweitern

B Fallbelastung in der Sozialberatung, engere Begleitung von Sozialhilfebeziehenden:Eine enge Beratung und Begleitung und vor allem auch eine konsequente Umsetzung der Politik des Forderns und Förderns erhöhen die Chancen auf eine nachhaltige Ablösung aus der Sozialhilfe. Dafür braucht es genügend Ressourcen. Im Rahmen eines Forschungsprojektes wird zurzeit in Winterthur dieses Handlungsfeld genauer untersucht.

C Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung im Rahmen einer umfassenden Wohnbaustrategie
Der Stadtrat wird prüfen, ob die Schaffung von attraktivem Wohnraum im oberen Preissegment akzentuierter gefördert werden müsste, um so der Stadt einen grösseren finanziellen Handlungsspielraum zu verschaffen.

Weitere Empfehlungen in der Detailprüfung
Der Stadtrat wird zu weiteren Handlungsempfehlungen aus dem Bericht BASS unter Einbezug der jeweils involvierten Stellen vertiefte Vorabklärungen veranlassen. Dann wird er entscheiden, welche Massnahmen in welcher Priorität weiter verfolgt werden sollen. Im Vordergrund stehen folgende, vom Bericht BASS als erfolgsversprechend erachtete Massnahmen:

  • Wohnkosten von Sozialhilfe- und Zusatzleistungsbeziehenden, Anpassung der Mieten an Referenzzinssatz
  • Verstärkte Abklärungen und Kontrollen der persönlichen und finanziellen Verhältnisse im Rahmen der Ausrichtung von Zusatzleistungen zur AHV/IV
  • Stärkung der Ressourcen von Menschen in schwierigen Lebenslagen
  • Stärkung der ambulanten Pflege
  • Überprüfung des städtischen Budgetierungsprozesses bzw. bessere Koordination von Hochrechnungen und Budgetierungsprozess
  • Weiterarbeit an Qualitätsverbesserungen bei der Budgetierung der Sozialhilfekosten mittels eines differenzierten Kostenmodells

Der Handlungsspielraum für kurzfristig wirksame Massnahmen im Sozialbereich ist begrenzt und das damit einhergehende Sparpotenzial gering. Längerfristige Massnahmen zur Steuerung der Sozialkosten erfordern in einem ersten Schritt Investitionen. Nachhaltig kann der Finanzhaushalt von Winterthur nur ins Lot gebracht werden, wenn die Soziallasten ausgeglichen werden.