Gut gemeint, aber leider daneben

Die Geschichte:  Achtung Fanzug

Neulich auf dem Perron im Bahnhof Winterthur. Ich nehme die Unterführung und steige gedankenverloren hinauf zum Perron 4. Schon von weitem sehe ich zwei Security-Mitarbeiter, die mit Passagieren im ein Gespräch verwickelt sind. «Was wohl ist passiert?», denke ich. Kaum bei den Security angekommen, werde auch ich freundlich angesprochen. Mir wird mitgeteilt, in fünf Minuten fahre ein Fanzug vorbei und ich solle mich in Sicherheit bringen!!?

Ich antworte gefasst, ich werde aufpassen und kaum gehe ich weiter, kriege ich einen Lachanfall! :-D. Sind wir schon so weit gekommen, dass wir sogar vor Fanzügen beschützt werden müssen? Seien wir ehrlich, von den tausenden Fanzügen, die jemals an einem Bahnhof vorbeigefahren sind, hat es nur wenige, an einer Hand abzählbare Unfälle gegeben. Wahrscheinlich ist es statistisch gefährlicher, einen Fussgängerstreifen zu überqueren! Diese Aktion der SBB ist übertrieben und lächerlich. Es gibt keine Grenzen mehr, wenn es darum geht, unser Sicherheitsbedürfnis zu nähren.

Jedenfalls wartete ich nach dieser Ankündigung gespannt auf diesen Fanzug. Die meisten Reisenden hatten sich im Warteraum verschanzt. Ich und ein paar andere standen etwas weg vom Gleis. Ich stellte mir vor, der Zug sei lang und sah in Gedanken viele Fahnen schwingende Fans, die laut aus den offenen Fenstern brüllten!

Der Zug kam. Die Spannung stieg. Zur Überraschung aller war der Zug halb leer. Gerade mal drei Fans schauten aus dem Fenster und brüllten „Sch… Winterthur“. Die Enttäuschung war gross und umso lächerlicher schien jetzt die Security-Aktion. Mein zweiter Lachanfall!

Die Moral der ganzen Geschichte: Je mehr gemacht wird, um unser Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen, desto unsicherer fühlen wir uns. Neue Gefahren werden heraufbeschworen und die Welt wird immer gefährlicher. Grund für diese Entwicklung ist: Angst verkauft sich gut. Schutzmassnahmen dienen auch zum Aufpolieren des Images. Vor diesem Hintergrund sehe ich die Aktion der SBB.

Ivan A.

Gedicht

Das verschwundene Hühnchen

Auf der Treppe vor dem Haus,
da sieht es ganz romantisch aus.
In einer Blumenschale, rund und gross,
da hocken Huhn und Hahn in ihrem Schoss.

Zwar sind sie nur von Menschenhand gemacht;
sind dennoch stolz auf ihre echte Federpracht.
Brauchen weder Pfleg’ noch Kern.
Und jeder, der vorbei geht, hat sie gern.

Doch eines Morgens fehlt das kleine Huhn.
«Wer hat denn über Nacht hier was zu tun?»
So fragt sich unser altes Mütterlein,
dem gehört das Hühnchen klein.

«Wo ist mein Frauchen hingekommen?»
fragt auch der Hahn, beraubt der süssen Wonnen.
«Hat’s ein Windstoss weggefegt?
Oder hat‘s gar irgendwo ein Ei gelegt?»

Man sucht im Garten rund ums Haus.
Was liegt dort hinten, oh, welch Graus!
Es ist das kleine Huhn mit durchgebissnem Hals –
aus dem kein Tropfen Blut rann, jedenfalls.

Der Fuchs, der diesmal gar nicht schlau,
hat sich geärgert grün und blau!
Das kleine Huhn hat ihn genarrt …!
Meister Reinek‘ trifft dies hart.

Mit eingezognem Schwanz zieht er von dannen –
nimmt sich vor, beim nächsten Kommen
etwas schlauer hinzuschauen,
ob der Braten echt sei und auch wirklich zu verdauen.

Hildi Häuselmann