Gastbeitrag von Urs Glättli

Unser Quartier heisst Mattenbach. Der Mattenbach selbst verläuft schnurgerade und einbetoniert am Rand des Quartiers. Sein Bett ist eingewachsen und nicht gänzlich eingedolt, jedoch hart verbaut. Quartierbewohner, Naturschutz und Stadtentwicklung fordern längst lebendige und vernetzte Gewässer und Grünräume als Lebens- und Erholungsräume unserer Stadt.

Die Entwicklungsperspektive «Winterthur 2040» will die blauen
und grünen Netze – wozu auch der Mattenbach
gehört – wiederbeleben und erlebbar machen. Die Politik fordert ebenfalls seit Längerem, genau wie Quartierbewohner, Naturschutz und Stadtentwicklung, einen lebendigen und vernetzten Mattenbach. Ein Gespräch mit dem zuständigen Stadtrat über die Idee eines neu belebten Mattenbachs verlief anfangs 2019 verhalten und
ergebnislos. In der Folge wurde am 27.Mai 2019 jedoch das Postulat «Mattenbach revitalisieren und vernetzen» von Urs Glättli (glp) mit Unterstützung von Benedikt Zäch (SP) und Katharina Frei-Glowatz (Grüne/AL) und ihren Fraktionen im Parlament an den Stadtrat überwiesen. Dieser nahm dazu mit Bericht und Antrag vom 17. Juni 2020 Stellung. Die Diskussion und Würdigung im Rat dürfte nächstens stattfinden. Auch wenn die Mühlen der Politik gemeinhin langsam mahlen, hat der politische Druck des Quartiers zum Glück bereits gewirkt:
Mit Medienmitteilung vom 7. Dezember 2020 hat der Stadtrat angekündigt, dass er den Mattenbach hochwassersicher revitalisieren und ökologisch aufwerten, und dafür im Budget 2022 einen Projektierungskredit einstellen will.

Ausschnitt Steinacker-Waldegg aus dem Modell Stadtwerkstatt Winterthur 2040

Das Quartier und sein Bach
Das Mattenbachquartier zeichnet sich durch eine hohe Wohndichte aus. Innerhalb des Siedlungsgebiets sind Grüninseln rar und beschränken sich vielerorts auf rational gewartete Flächen. Am südlichen Rand durchfliesst der Mattenbach das in den 1960’er-Jahren stark gewachsene Quartier. Er entspringt bei Tolhusen in Ricketwil, durchfliesst Seen und Mattenbach und mündet im Wildbach-Quartier in die Eulach. Der Mattenbach, ursprünglich ein Wiesenbach, wurde in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts in ein künstliches Gerinne gelegt und hochwasserfest verbaut.

Die Idee
Die ursprüngliche Idee der Grünliberalen war, den Stadtrat mit einer
Motion zur Schaffung eines Mattenbachparks und im Mündungsbereich in die Eulach zu einer Flussbadi zu verpflichten. Der Park hätte im kommunalen Richtplan Siedlung und Landschaft festgesetzt und bestimmte Eckwerte eingehalten werden müssen. Er hätte südseitig das Teilgebiet
«Waldegg», welches von der Landwirtschaftszone in eine Freihalte- oder
Erholungszone hätte umgezont werden müssen, sowie die der Erholungszone zugeordneten Teilgebiete «Zelgli» und die Familiengärten zwischen Mattenbach und Waldeggstrasse umfasst. Nordseitig hinzugekommen wären die bereits der Erholungszone zugeordneten Grundstücke der Siedlungslücke zwischen dem Schulhaus Talacker und den Wohnhäusern «Am Bach». Darin integriert gewesen wäre das Naturschutzgebiet «Qualletbach beim Zelgli», welches erweitert worden wäre. Ein Vernetzungsplan zwischen Mattenbach und Waldrand des Eschenbergs hätte dem Mattenbach nicht nur in der Linie, sondern vor allem auch in der Fläche neu als lebendigen und vielfältigen Grünraum Rechnung tragen sollen.
Gerade in Strukturen wie dem Mattenbach-Quartier sind Pärke ein wichtiger sozialer Faktor, die das Erholen und Zusammenleben in Freiräumen erlauben und die Integration fördern. Ihre natürliche Dynamik und die Vielfalt ihrer Nischen und Biotope wirken belebend und entspannend. Die zwischen dichten Siedlungsräumen liegenden Grundstücke würden sich zudem auch für eine offene Freizeitnutzung eignen (Naturspielplatz, Feuer- und Grillstelle u.a.).
Das weitere Vorgehen
Das nun in Aussicht gestellte Projekt beschränkt sich voraussichtlich leider – aber immerhin – auf eine Revitalisierung durch «Gerinneausbau».
Die Politik wird die Idee weiterverfolgen und im Rahmen der kommenden Revision der städtischen Richtplanung und der Revision der Bau- und Zonenordnung nochmals draufschauen müssen, ob und wie einer Flussbadi und einem richtigen Mattenbachpark Rechnung getragen werden kann.

Die Kosten
Vielleicht fragen Sie sich, wer das dann zu finanzieren habe?
Die Kosten für die Variante «Gerinneausbau» wurden vom Stadtrat auf 8 bis 15 Millionen Franken geschätzt. Damit kann jedoch auf den Bau eines separaten und Millionen teuren Hochwasser-Rückhaltebeckens «Oberseen» verzichtet werden. Zudem kann die Stadt mit namhaften Beiträgen des Kantons rechnen, der Massnahmen gegen Überschwemmungen finanziert und Revitalisierungs- und Naturschutzleistungen subventioniert. Entscheidend aber ist, dass durch den hochwassersicheren Ausbau nicht nur Vorteile für die Natur entstehen, sondern vor allem auch ein sich auszahlender Mehrwert für die Bevölkerung.

Politisches Engagement lohnt sich
Die bisherige Geschichte zur Wiederbelebung des Mattenbachs zeigt, dass sich politisches Wirken lohnen kann. Es zeigt aber auch, dass es dafür interessierte, engagierte und hartnäckige Personen braucht. Die Parteien suchen derzeit Interessierte für die kommenden Wahlen ins Stadtparlament. Melden Sie sich, wenn Sie zur
Belebung ihres Quartiers, die Revitalisierung und Erlebbarkeit unserer
Gewässer beitragen wollen – es lohnt sich!

Infobox Projekt «Gerinneausbau»

  • Umfang: Ausbau des geamten Mattenbachs
  • Impact Quartier: Wiederbelebung und Erlebbarkeit
  • Aufwand: bis 16 Mio Franken
  • Hochwasserschutz: Verzicht Rüchhaltebecken Oberseen
  • Stand: Stadtinterner Projektierungsauftrag erteilt
  • Nächster Schritt: Vorlage Ivestitionskredit ans Parlament

Urs Glättli
glp-Co-Präsident Winterthur
Kantons-, Gemeinderat und Quartierbewohner