Ein Verein schafft Gemeinschaft
Vor 50 Jahren wurde die «Vereinigung für Gemeinwesenarbeit Gutschick» gegründet, der Vorläufer des heutigen Quartiervereins Gutschick-Mattenbach. Ziel des Vereins war, ein Gemeinschaftsgefühl im grossstädtischen Neubauquartier zu schaffen und Vereinsamung zu verhindern.
Plattenbauten geprägt ist. In der Hochkonjunktur der Nachkriegszeit wuchs die Stadtbevölkerung rasant. Im grossstädtischen Neubauquartier auf der grünen Wiese Richtung Seen konnten innerhalb von nur zehn Jahren rund 6‘000 Personen angesiedelt werden. Mit der Ladenpassage in der Siedlung Gutschick und dem Schulhaus gegenüber sollte das Quartier eine Zentrumsfunktion im sich entwickelnden Stadtkreis Mattenbach erhalten.

Gegen die Anonymität der Grossstadt
In den 1970er-Jahren gerieten grossstädtische Quartiere wegen deren vermeintlichen Anonymität zunehmend in Verruf und wurden für gesellschaftliche Missstände verantwortlich gemacht. «Die Kontakte in unseren modernen, technisch wohl nahezu vollkommenen, aber auf die Bedürfnisse der Bewohner in vielen Fällen nur mangelhaft Rücksicht nehmenden Quartiere beschränken sich leider nicht selten auf nichtssagende Gespräche und die Waschküchenbenutzung, Treppenhausreinigung oder auf gemeinsames Schimpfen über gewisse Missstände», las man in der ersten Ausgabe dieser Quartierzeitung. Die Gründung sei auf die Initiative von Bewohnern zurückzuführen gewesen, die sich nicht einfach mit den «Unzulänglichkeiten ihrer Umwelt» abfinden wollten und etwas gegen die «drohende Gefahr der Vereinsamung» hätten unternehmen wollen. Deklariertes Ziel des Quartiervereins war demnach, den Gemeinschaftsgeist in den neuen Wohnquartieren zu wecken, Probleme gemeinsam zu bewältigen und ein Quartierzentrum zu schaffen.
Gemeinwesenarbeit als «Public-Private-Partnership»
Angeblich ging der erste Impuls bereits von der 1. August-Feier 1968 aus. Dort entstand unter einigen Eltern die Idee, eine Vereinigung zu bilden, um die Freizeitgestaltung der Kinder im Quartier zu verbessern. Gleichzeitig führte Pro Juventute im Auftrag der Stadt Winterthur eine Studie durch, um den Bedarf nach geeigneten Freizeitanlagen zu prüfen. Dies entsprach einem gesamtschweizerischen Trend zur Errichtung von Gemeinschaftszentren für soziokulturelle Angebote in den Wohnquartieren. 1971 wurde die städtische «Geschäftsstelle Gemeinwesenarbeit», die heutige «Fachstelle Quartierentwicklung» gegründet und Paul Coulin als deren Leiter eingesetzt. Teil der Strategie war, in den einzelnen Stadtkreisen Interessensgruppen zu fördern, die Gemeinschaftszentren errichteten und betrieben.
Aus dieser «Public-Private-Partnership» avant la lettre erfolgte am 12. September 1972 die formelle Gründung der «Vereinigung für Gemeinwesenarbeit Gutschick» (VGG) in der Zivilschutzanlage Grüzefeld unter Beteiligung von knapp hundert Interessierten. Neben dem fünfköpfigen Gremium, das die Vereinsaktivitäten leitete, waren auch die wichtigsten Institutionen im Quartier im Vorstand vertreten: Darunter die Lehrerschaft des Schulhauses Gutschick, die katholische und die reformierte Kirche, Vertreter der Eigentümer der Liegenschaften, der bereits ältere Quartierverein Mattenbach, die Sprachrohr-Redaktion sowie die drei Arbeitsgruppen des Vereins für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen, die als besonders gefährdet geltende Gruppen im Fokus des Interesses standen. Die VGG wurde in der Presse als «Modellfall» zur Entwicklung von Quartiergemeinschaften gefeiert.

Vom Quartierfest zum -zentrum
Im Gründungsjahr wurde bereits das erste – legendär gewordene – Quartierfest durchgeführt. Der Ertrag sollte dem Bau eines neuen Quartierzentrums zugutekommen. Die ehemaligen Gastarbeiterbaracken, welche die Stadt gekauft hatte, genügten den regen Aktivitäten des Vereins bald nicht mehr. Das Ziel wurde schliesslich 1976 mit der Einweihung des heutigen Quartierzentrums erreicht.
Im selben Jahr wie die VGG wurde auch die dazugehörige Quartierzeitung aus der Taufe gehoben. Der Name «Sprachrohr» setzte sich dabei gegen alternative Vorschläge wie «Dorfbäsi» oder «Quartierspatz» durch, die von der Bevölkerung eingereicht worden waren.
Der «Quartierverein Gutschick-Mattenbach» erhielt seinen heutigen Namen 1978 und zählte bereits knapp 300 Mitglieder.
Text: Miguel Garcia