Kostenlose Rechtsberatung – Jurist mit grossem Herz
BürgerjournalistInnen-Seite
Alfred, Du bist in der Republik Kongo geboren und aufgewachsen. Wie kommt es, dass Du in der Schweiz lebst?
Ich kam 2002 als Flüchtling in die Schweiz und ersuchte um Asyl. Nach der Ablehnung durch das damalige Bundesamt für Flüchtlinge habe ich selbst Beschwerde erhoben. Alle Juristen, die ich gefragt habe, sagten, ich hätte keine Chance in der Schweiz zu bleiben. Daraufhin habe ich, als ausgebildeter Ökonom, innerhalb der gesetzlichen Frist von fünf Tagen selbst Beschwerde eingereicht. Diese wurde gutgeheissen und im April 2008 wurde ich als Flüchtling anerkannt. Meine eigene Geschichte war meine Motivation, Jurist zu werden und im Bereich Asyl- und Migrationsrecht zu arbeiten.
Du hast in der Schweiz ein Jurastudium absolviert?
Ja. Als anerkannte Flüchtling habe ich Stipendien vom Kanton Zürich bekommen und 2013 den «Master of Arts in Legal Studies» an der Uni Freiburg in der Schweiz erfolgreich abgeschlossen. 2019 hatte ich mein Diplom «Master of Law», zweisprachig für Französisch und Deutsch, mit dem Zusatz für Europarecht in der Hand.
Wie kam es dazu, dass Du im Quartier die kostenlose Rechtsberatung anbietest?
Ich hatte die grosse Chance, Peter und Sabine vom Verein Living Room kennen zu lernen. Sie haben mir ermöglicht, dass ich mein Projekt bei der MEG Grüzefeld vorstelle. Seit Januar 2020 biete ich im Siedlungstreff eine kostenlose Rechtsberatung an. Ich glaube, dass die Leute mit unserer Dienstleistung zufrieden sind.
Kann ich einfach so zur Rechtsberatung kommen? Wie läuft das ab an so einem Samstag Vormittag?
Jeden Samstag finden zurzeit zwei bis drei Beratungen statt. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Es ist noch Platz für mehr Besucher. Wir empfangen die Leute, wir offerieren Kaffee, Tee, Saft, Cola usw. Wer zuerst kommt, wird zuerst beraten. Wer später kommt, wartet im Vorraum. Die Beratung geht unterschiedlich lang. Wenn weniger da sind, können wir uns mehr Zeit nehmen für die anwesenden Personen. Wir schreiben auch rechtliche Briefe.
Du hast selbst Schweres erlebt und hörst die Geschichten von Menschen, die Probleme haben. Was gibt Dir die Kraft, immer weiter zu machen?
In der Schweiz ist es eine Herausforderung, in den Bereichen Asyl- und Migrationsrecht zu arbeiten. Es gibt hier eine restriktive Migrationspolitik und immer wieder Änderungen, die in Richtung einer Verschärfung gehen. Meine Stärke ist es, dass ich selbst einen Migrationshintergrund habe. Es ist nicht einfach, sein Heimatland zu verlassen und in ein anderes zu kommen, um dort zu leben. Ich liebe die Menschenrechte und Migration hat viel mit Menschenrechten zu tun.
Hast Du Familie? Welches sind Deine Hobbies?
Ich wohne in Wülflingen. Unter der Woche lebe ich in Zürich, wo ich arbeite. Mit meinen Buben, zwölf und dreizehn Jahre, spiele ich oft Fussball. Ich mag es, Filme zu schauen, zu spazieren und zusammen mit den Kindern auch einmal Ferien zu geniessen.
Hast du einen beruflichen Traum?
Ich plane, die Anwaltsprüfung zu absolvieren, damit ich nicht nur als Jurist arbeiten kann, sondern auch als Anwalt. Ich bereite meine Doktoarbeit an der Universität Neuenburg vor. Als Anwalt und Doktor habe ich die Möglichkeit, den Beruf des Richters auszuüben. Das interessiert mich sehr! Ich möchte der Schweiz gern einmal in diesem Sinn dienen.
Mit Alfred Ngoyi Wa Mwanza sprach Sabine Heusser Engel
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